Wissenswertes über Botulinumtoxin

Wissenswertes über Botulinumtoxin

Als Sammelbegriff für Mittel oder Präparate, die Botulinumtoxin enthalten, wird heutzutage im allgemeinen Sprachgebrauch meistens die Bezeichnung „Botox“ verwendet. Denn der Name "Botox" ist einerseits eine sinnige Abkürzung von Botulinumtoxin, mir Verwendung der ersten und fünften Silbe. Anderseits war es auch das erste Medikament mit dem Wirkstoff Botulinumtoxin, und ist entsprechend bekannter als alle nachfolgenden Mittel. Inzwischen ist der geschützte Medikamentenname als Gattungsname für die Gruppe der gleichartigen Medikamente im Sprachgebrauch geläufig geworden. Wenn wir die Begriffe Botox-Therapie oder Botox-Behandlung usw. verwenden, so ist nicht speziell dieses Medikament gemeint, sondern es ist die Rede von einem Botulinumtoxin-Präparat im Allgemeinen! Sofern also gelegentlich der Name "Botox" verwendet wird, dann lediglich als gängige Sammelbezeichnung für die Gruppe der Botulinumtoxin-Medikamente.

Was ist eigentlich Botulinumtoxin?

Es ist ein Eiweissstoff, der auf natürlichem Weg von Clostridium-botulinum-Bakterien erzeugt wird. Unter gewissen Bedingungen (z.B. bei über 10°C) können sich diese Bakterien in Nahrungsmitteln vermehren. Und zwar beispielsweise in Wurst, in Mayonnaise, in Fleisch- sowie Fischkonserven, manchmal auch in Gemüse- oder Fruchtkonserven. Sobald Nahrungsmittel von solchen Bakterien befallen werden, beginnen sie zu verderben und es entwickelt sich ein markanter Geruch. Das Botulinumtoxin ist ein Ausscheidungsprodukt dieser Bakterien und gleichzeitig ein starkes Lebensmittelgift. Aus dem Lateinischen übersetzt heisst Botulinumtoxin "Wurstgift" (von lat. botulus = Wurst und lat. toxinum = Gift), also das Gift, das aus der Wurst kommt, oder das in der Wurst entsteht.

Zurzeit sind acht Unterarten oder Typen des Botulinumtoxins bekannt. Um sie gut auseinander zu halten wurden sie mit den Buchstaben A - G benannt. Für den Menschen sind nur die Gruppen A, B, E und F toxisch. Wird Botulinumtoxin einer dieser Gruppen über die Nahrung aufgenommen, so führt das bereits in sehr kleinen Mengen zu Vergiftungen. Zwar gibt es schon seit 1897 ein Gegengift, und mittlerweile diverse Antiseren oder Antitoxine, die jedoch rechtzeitig verabreicht werden müssen. Denn sobald Atemlähmungen auftreten, sind diese nicht mehr reversibel und können zum Tod führen. Inder Schweiz kam es in den letzten Jahren kaum noch zu lebensgefährlichen Botulinumtoxin-Vergiftungen mit Todesfolge.

Bei medizinischen Behandlungenverwendet man das Botulinumtoxin in einer so starken Verdünnung, dass ernsthafte gesundheitliche Schäden damit nicht hervorzurufen werden können, es sei denn man verabreicht mehrere Dutzend Ampullen gleichzeitig – was natürlich nicht gemacht wird.

Wie wirkt das Botulinumtoxin?

Der Wirkstoff ist ein Nervengift: Er unterbindet die Weiterleitung der Nervenimpulse zu den Muskeln, so dass sich der Muskel entspannt und schlaff wird. Biochemisch gesehen, spalten sich Eiweissketten ab, die wiederum verhindern, dass der Transmitter Acetylcholin an den Muskel ausgeschüttet wird. Der Muskel ist nicht mehr ansteuerbar, nicht mehr aktivierbar, gelähmt. Bei einer Lebensmittevergiftung mit Botulinumtoxin besteht die Gefahr, dass sehr viel Gift in den Köper gelangt und sich über die Blutbahn verteilt. Das kann lebensgefährliche Formen annehmen, zumal wenn die Impulse des Nervensystems zu der Atemmuskulatur unterbunden werden. Wenn nicht rechtzeitig eingegriffen wird, führt die Lähmung im Extremfall zum Ersticken. In der medizinischen Anwendung kommt zumeist Botulinumtoxin der Gruppe A zum Einsatz.

In der medizinischen Therapie in ausserordentlich geringer Dosis eingesetzt, wird diese Eigenschaft des Botulinumtoxins nun gezielt nutzbar gemacht. An der richtigen Stelle eingespritzt, schwächt das Botulinumtoxin die Übertragung der Botschaften an den Muskel oder es unterbindet sie ganz. Erst wenn die Nervenstränge mit der Zeit nachwachsen, wird de Muskel nach und nach wieder benutzbar – das kann zwischen zwei und sechs Monate dauern. In der medizinischen Anwendung kommt zumeist Botulinumtoxin der Gruppe A zum Einsatz.

In der kosmetischen Dermatologie macht man sich die Eigenschaften des Botulinumtoxins zunutze. Und zwar über all dort, wo eine Reizunterbindung einen willkommenen Effekt auslöst. So bekämpft man mit der Botulinumtoxin-Behandlung muskulär (mimisch) bedingte Gesichtsfalten und übermässiges Schwitzen bei Hyperhidrose gegen. Das Botulinumtoxin-Präparat wird gezielt in die Haut eingespritzt und unterbindet die Weitergabe der Nervenimpulse, die zum betreffenden Gesichtsmuskel oder zu Schweissdrüsen eines bestimmten Areals führen. Durch die Reizblockadewird die Anspannung des Gesichtsmuskels, der die Falte hervorgerufent hat, aufgehoben, er entspannt sich und die Falte verschwindet. Respektiv die Reizung der Schweissdrüsen wird unterbunden, undes wird kaum noch Schweiss produziert.

Das Botulinumtoxin: Von seiner Entdeckung zum Medikament Botox

Schon seit Menschengedenken gibt es Lebensmittelvergiftungen. Man wusste aber wenig über die Ursachen und die Zusammenhänge. Erst zu Beginn des 19. Jh. wurden bestimmte Vergiftungserscheinungen in Verbindung mit dem Verzehr von verdorbener Blutwurst hergestellt (Dr. Justinus Kerner). Mit den Fortschritten in der Chemie konnte das Gift zum Ausklang des 19. Jh. durch den belgischen Forscher Emile van Ermengen zweifelsfrei identifiziert werden. Van Ermengen gab dem Toxin auch seinen heutigen Namen. Das Augenmerk der damaligen Forschung lag noch nicht im Nutzbarmachen des Wirkstoffes. Man suchte nicht nach Einsatzmöglichkeiten in der Medizin. Viel wichtiger war es, Wege und Methoden zu finden, Lebensmittel besser haltbar zu machen, und dadurch die Vergiftungen einzudämmen. Bald wurde erkannt, dass das Clostridium-botulinum-Bakterium sich in salzigen und sauren Medien nicht entwickeln kann, und dass es bei einer mehrminütigen Erhitzung auf über 120°C wirksam abtötet wird. Auch das Toxin selber ist nicht hitzebeständig – es zerfällt beim Abkochen. Erstmal wurde das Botulinumtoxin in den 1920er Jahrenals Wirkstoff isoliert, so dass man mit ihm experimentieren konnte.
In reiner Form wurde der Stoff dann 1946 hergestellt. Jetzt rückte er in den näheren Blickwinkel der Wissenschaftler und Forscher. Man untersucht seine Eigenschaften, seine Wirkungsweise und auch seine Einsetzbarkeit bei Behandlung von diversen Krankheiten. Der Typ A des Botulinumtoxins wurde an Affen getestet und die Experimente waren vielversprechend. Erstmals im Jahr 1979 wurde der Wirkstoff zur weiteren Erprobung auch an Versuchspersonen zugelassen. Damals suchte der U.S.-amerikanische Augenarzt Scott nach einem Mittel gegen Schielen. Er setzte als Erster Botulinumtoxin A erfolgreich zur vorübergehendenBlockade bestimmte Augenmuskeln ein, die das Schielen verursachen. Im Weiteren wurde der Einsatz des Mittels auch bei anderen Indikationen geprüft z.B. bei Spastiken und Krämpfen.

Als Arzneimittel wurde Botulinumtoxin A erstmalig 1989 in den USA zugelassen. Seine Anwendung zur Entspannung von Gesichtsmuskeln und zur Bekämpfung von Gesichtsfalten wurde damals aber nur am Rande wahrgenommen – dieser Einsatzbereich wurde eher nebenher, als Nebeneffekt bei der Forschung erschlossen. Und zwar war es die Kanadierin Dr. Jean Carruthers, die auf diesem Gebiet seit Ende der 1980er Jahre Versuche unternahm. Nachdem sie ihre Forschungsergebnisse 1992 veröffentlichte, wurde Botox in der kosmetischen Faltentherapie zum Geheimtipp.Zwar war das Medikament zunächst offiziell nur für andere medizinische Bereiche zugelassen, zu denen die ästhetische Dermatologie noch nicht dazugehörte. Trotzdem kam es auf eigene Verantwortung und auf freiwilliger Basis nun allmählich immer öfter zur Anwendung. Die Zulassung des Wirkstoffes Botulinumtoxin A für diesen Einsatzbereichgibt es erst seit 2002.

Medikamente mit dem Wirkstoff Botulinumtoxin

Mittlerweile gibt es mehrere Botulinumtoxin-Medikamente, die meisten davon enthalten den Typ A. Doch nicht alle der Mittel sind auch in Europa zugelassen.
Die Firma Allergan brachte 1989 in Amerika das Medikament Oculinum auf den Markt. Es war für die Augenheilkunde zugelassenund wurde gegen Schielen und bei Lidkrämpfen eingesetzt. Dieses Mittel wurde etwas später in Botox umbenannt und unter diesem Namen weltbekannt. Die Firma Allergan produziert inzwischen auch die Mittel Botox Cosmetics und Vistabel. Mit dem Präparat Dysport wurde 1991 in Grossbritannien durch die Firma Ipsen ein zweites Medikament mit dem Wirkstoff Botulinumtoxin A herausgebracht. Später wurde es auch als Azzalure vertrieben. Danach wurden die Mitteln Xeomin und Bocouture Firma Mertz eingeführt. Inzwischen gibt es auch Arzneimittel mit dem Inhaltsstoff Botulinumtoxin B, und zwar sind das Myoblock und Neuroblock, von der Firma Elan herausgebracht.

Speziell für die kosmetische Anwendung sind Botox, Botox Cosmetics, Vistabel, Azzulare und Bocouture zugelassen.

Die genannten Medikamente sind in ihrer Zusammensetzung nicht identisch, sondern differieren voneinander. Entsprechend haben sie dadurch auch eine etwas unterschiedliche Wirksamkeit. Sie müssen darum unterschiedlich dosiert werden. Auch die jeweils vorgeschriebene Lagerungsart sowie ihre Haltbarkeit sind nicht gleich sondern weichen voneinander ab.

Die Wirkung des Inhaltsstoffes Botulinumtoxin des Typs B ist eine etwas andere als die des Typs A. Und zwar wirken Präparate des Typs B etwas rascher doch insgesamt auch etwas schwächer, sie bleiben besser am Einspritzort, d.h. sie wandern im Muskel etwas weniger, ihre Wirkungsdauer ist jedoch kürzer als beim Typ A. Bei Unverträglichkeit von Botulinumtoxin des Typs A werden alternativ die Präparate des Typs B eingesetzt.

In welchen medizinischen Bereichen wird Botulinumtoxin eingesetzt?

Medikamente mit dem Wirkstoff Botulinumtoxin kommen in der Medizin vielfältig zum Einsatz. Neben der Anwendung in der Ästhetischen Dermatologie und Kosmetik zur Faltentherapie sowie zur Behandlung der Hyperhidrose werden mit Botox-Präparaten viele Krankheiten behandelt, die durch Störung der Reizübertragung zwischen Nerven und Muskeln ausgelöst werden. Mindestens die Hälfte der Botox-Mittel, von dem Umfang her, wird für die Behandlung zum Teil schwerer Krankheiten verwendet. Die Schönheitspflege ist also nicht der Haupteinsatzbereich dieser Medikamentengruppe! Und die Medikamente der Botox-Gruppe sind keinesfalls Schönheitsmittel, sondern äusserst wirksame Arzneimittel gegen zum Teil schwere Erkrankungen!

Das erste Botulinumtoxin-Mittel, das spätere Botox, verdankt seine Zulassung, wie bereits erwähnt, seiner Erprobung und dem ersten Einsatz in der Augenmedizin. Auch heute ist es ein bewährtes Medikament gegen Schielen (Strabismus) und zur Bekämpfung des krampfartigen Lidschlusses (Blepharospasmus).

Wichtige Anwendungsgebiete der Botox-Mittel sind Krämpfe (Spasmen) unterschiedlicher Herkunft (z.B Spasmus hemifacialis, spastischer Spitzfuss). Ausserdem Bewegungsstörungen (fokale Dystonien): Mund- Zungen-, Stimmbandkrampf,Schlundkrampf, Schreibkrampf, der sogenannte Schiefhals, die infantile Zerebralparese und andere.

Botulinumtoxin-Medikamente setzt man auch in der Schmerztherapie ein, und zwar bei Migräne und bei Spannungskopfschmerzen.

Auch bei degenerativen Erkrankungen des motorischen Nervensystems, (Parkinson oder Amyotrophe Lateralsklerose) hilft Botulinumtoxin. Es kann z.B die Speichelproduktion anregen. Beider Therapie der Speiseröhrenengstellung (Achalasie), bei gastrointestinalen Erkrankungen (bei Sphincter-oddi-Dysfunktion oder bei Aganglionose des Dickdarms), bei einem Spasmus der Speiseröhre, bei urologischen Erkrankungen (Beeinträchtigung des Schliessmuskels) oder auch bei Analfissuren ist Botulinumtoxin bewährt und wird erfolgreich eingesetzt.

Es könnten noch weitere Einsatzbereiche aufgezählt werden. Die Anwendungsgebiete sind vielfältig. Dort, wo die Nervenimpulse an die Muskeln nicht störungsfrei weitergegeben werden, ihr Zusammenspiel gestört ist, verschaffenBotox-Medikamente Linderung und Hilfe. Bei dieser Medikamentengruppe war es dabei interessanterweise so, dass nicht ein Medikament gegen eine bestimmte Krankheit gesucht wurde, sondern dass zuerst der Wirkstoff (bzw.das Medikament Botox) da war, und dass erst hinterher potentielle Nutzungsgebiete in der Medizin gesucht und erprobt wurden. Die verschiedensten Nerven- und Muskelerkrankungen werden inzwischen mit Botulinumtoxin wirkungsvoll behandelt. Es ist aus dem Behandlungsarsenal vieler Krankheiten inzwischen nicht mehr wegzudenken.
Haben Sie Fragen?
Gerne erklären wir Ihnen alles
ganz unverbindlich. Rufen Sie
uns an!
Über unseren Callback-Service
rufen wir Sie gerne zurück – an Ihrem Wunschtermin!
Sie erreichen uns zuverlässig
über das Kontaktformular.
Wir melden uns umgehend!