Werbestrategien bei der Vermarktung von Anti-Age-Produkten
Wer von uns, die wir tagtäglich ein klein wenig altern, wünscht sich nicht manchmal den Stillstand dieses unwillkommenen Prozesses, oder gar eine Umkehr, ein Zurückkehren des jugendlichen Elans und der körperlichen Frische früherer Zeiten? Schon seit jeher ist dauerhaftes, jugendliches Aussehen ein unerfüllter Traum der Menschheit gewesen. So taucht das Motiv der immerwährenden Jugend mehrfach in der Mythologie auf und wurde immer wieder auch in der Kunst thematisiert. Es handelt sich um ein von alters her verbreitetes Wunschdenken. Schon in der Dichtung des Altertums und des Mittelalters stösst man auf Passagen, die das Alter mit seinen Bürden und körperlichen Plagen beklagen, wobei im Gegenzug die Wiederkehr der Jugend herbeigesehnt wird – wohl wissend, dass das nicht möglich ist. Denn einen Jungbrunnen als Quell ewiger Jugend, in den man steigen oder aus dem getrunken werden könnte, um danach verjüngt zu werden, gibt es (leider!) nicht. Neu ist in unserem Zeitalter allenfalls, dass jung aussehen zu wollen ein weitverbreiteter Trend ist, der nicht selten zum Zwang ausartet – gaukelt uns doch die Werbung (durch Versprechungen und nicht zuletzt auch durch makellos aussehende Mannequins) allenthalben vor, dass dies möglich sei. Sichtbar und in Würde zu altern (und dies auch zu zeigen) wird beinahe schon als Makel dargestellt. Indirekt fühlt sich so mancher oder so manche dazu aufgefordert, etwas dafür zu tun, um ebenso frisch und jung zu erscheinen wie die präsentierten Schönheitsmodelle der Werbung.
Welche Präparat-Typen gibt es bei den Cosmeceuticals?
In den letzten Blogbeiträgen hatten wir uns mit Kollagenpräparaten und deren angeblicher Wirksamkeit befasst. Nun setzt die Anti-Age-Branche nicht allein Kollagen, sondern eine ganze Palette von anderen Inhaltsstoffen ein. Dabei sollen die beworbenen Produkte jeglichen Inhalts allesamt märchenhafte Ergebnisse erzielen. Die Rede ist von Mitteln, die entweder in Form von Kapseln oder Ampullen geschluckt, oder als Cremes auf der Haut aufgetragen werden. Sie enthalten (ausser dem Kollagen) weitere Ingredienzien wie etwa Kreatin, Hyaluronsäure, Pro-Retinol A, Ginko-Extrakte, Coenzym Q10 oder Polyphenole. Bewirken sollen sie wahre Wunder, doch als tatsächliches Resultat entfalten sie keinerlei messbare, zusätzliche Effekte im Vergleich zur Wirkung ganz normaler Schönheitsmittel wie beispielsweise einer simplen Feuchtigkeitscreme. Sie unterscheiden sich somit nicht in den erzielten Resultaten, sondern allenfalls im völlig überteuerten Preis von herkömmlichen Kosmetika. Nicht wenige der Mittel setzen bei Nennung von bedeutsam klingenden Inhaltsstoffen darauf, Wissenschaftlichkeit und Seriosität vorzutäuschen. Andere hingegen enthalten eher obskure Dinge, wobei sie jedoch gerade wegen der unkonventionellen Substanzen, die sie enthalten, ihr Zielpublikum haben dürften. So findet man Wundermittel aus Algenextrakt, aus Schleim von Schnecken, dem Kot von Nachtigallen oder dem Gift von Bienen. Durch eine stimmige, interessant klingende Story dazu werden bei solchen Mitteln Kunden angelockt, denen Wissenschaftlichkeit eher unwichtig ist. Doch sicher werden es nicht allein Esoteriker sein, die sich eine sichtbare Verjüngung gerade durch exotisch klingende Wirkstoffe erhoffen.
Welches sind Werbestrategien?
Selbst anerkannte, auf dem Kosmetikmarkt etablierte Firmen wie Beiersdorf, Procter & Gamble oder L’Oréal warten in ihrer Werbung mit abenteuerlich anmutenden Versprechungen auf. Sie verheissen z.B., dass durch Anwendung Ihrer Mittel die Falten sichtbar, von innen heraus reduziert würden, dass die Haut nicht nur deutlich revitalisiert werde, sondern die Präparate sogar nachweisbar den Anzeichen von Stress und Müdigkeit entgegenwirken könnten. In ihren Werbestrategien setzen die Hersteller zumeist auf den Anschein von Wissenschaftlichkeit. Die allerdings nur behauptet ist, denn Cosmeceuticals müssen ihre Wirksamkeit nicht nachweisen. Eine wichtige Verkaufsstrategie ist ausserdem passende eine Geschichte dazu, die einerseits zwar plakativ Behauptungen aufstellen darf, dazu aber auch gezielt Aussagen trifft, die den potentiellen Kunden zunächst einmal neugierig machen sollen. Dabei wird bewusst ein Vokabular eingesetzt, das Angesprochene in die verwunschene Welt von Märchen versetzen soll. Begriffe wie „Elixier“, „Formel“, oder „Serum“ erwecken indirekt die Hoffnung, dass bei der Herstellung in dieser Hinsicht offenbar gezaubert wurde. Zwar nimmt der Kunde diese Botschaft selten für bare Münze, doch er lässt sich augenscheinlich gerne hinters Licht führen – in der Erwartung eines Wunders (das dann aber dennoch regelmässig ausbleiben wird). Nicht nur die Wortwahl spielt bei diesem ausgeklügelten Werbevorgehen eine Rolle. Auch die Verpackung des Erzeugnisses muss edel und erlesen wirken. Oft ist ihre Herstellung teurer und aufwändiger als das Produkt selber. Das läuft dann nach dem Motto: Was teuer ist und auch teuer aussieht, müsse ja bestimmt auch bestens wirken! Und man tröstet sich dann gerne: Sollte es auch nicht in dem Masse wirken, wie angekündigt, so doch zumindest ein klein wenig. So wird der Kunde dazu verführt, den bis zu 20fachen Preis dessen zu zahlen, der für ein einfaches Mittel mit der gleichen Wirkung zu berappen wäre.
Was von den Versprechungen gehalten werden darf
Das Hauptmanko bei den Selbstanpreisungen, die die Hersteller von Cosmeceuticals betreiben, ist der Umstand, dass die Wirksamkeit nicht wissenschaftlich belegt werden muss. Darüber hinaus gibt es auch keine wirklich unabhängige Kosmetikforschung. Wenn nun ein Hersteller Forschung in eigener Sache betreibt, wird er dementsprechend so lange testen und prüfen lassen, bis ein Resultat herauskommt, das in irgendeiner Weise verwertbar ist. Selbst wenn das Ergebnis an sich nicht signifikant und auch für den Konsumenten ohne Nutzen ist – geschickte Werbung wird es für ihre Zwecke einsetzen. Ausserdem kann all das, was sich im Zuge der Testung als wirkungslos oder sogar kontraproduktiv herausgestellt hat, ohne weiteres unter den Teppich gekehrt werden. Selbstverständlich handelt es sich hier nicht um wissenschaftliche Forschung. Durch raffiniert verpackte Botschaften entsteht gleichwohl beim Kunden oftmals der falsche Eindruck, die Behauptungen der Jungbrunnenindustrie beruhten auf überprüfbaren, wissenschaftlichen Ergebnissen.