Der Einsatz körpereigener Stammzellen zur Regeneration und zum Aufbau von Körpergewebe
Der Begriff Stammzellen wandert nicht nur durch die Fachpresse, sondern auch quer durch die Medienlandschaft. Zumeist wird der Begriff mit der reproduktiven Medizin in Verbindung gebracht. Doch das ist nur die eine Seite des Themenkomplexes Stammzellenforschung, denn es gibt grundsätzlich zwei unterschiedliche Typen von Stammzellen, die sich in ihren Eigenschaften grundlegend voneinander unterscheiden. Embryonale Stammzellen sind diejenigen Zellen, die sich in einem sehr frühen Stadium nach Teilung der befruchteten Eizelle bilden und die die Fähigkeiten haben, sich in jeden einzelnen der über 200 unterschiedlichen Zelltypen, die es im menschlichen Körper gibt, umzuwandeln. Es sind die Vorläufer der Körperzellen. Von diesen embryonalen Stammzellen soll hier im Weiteren nicht die Rede sein, denn solche Zellen sind in keinerlei Weise therapeutisch einsetzbar. Denn dafür hätte man sie im frühen Embryonalzustand der eigenen Blastozyste entnehmen müssen, auf den blossen Verdacht hin, sie später, nach vielleicht Jahrzehnten der Aufbewahrung, für bestimmte Zwecke aufzubereiten und sie sich einsetzen zu lassen. Das kann in vielen Hinsichten nicht funktionieren. Wenn hier nachfolgend von Stammzellen die Rede sein wird, so sind nicht die embryonalen Stammzellen gemeint, sondern es geht um den adulten Stammzellentypus. Adulte Stammzellen kommen (in unterschiedlicher Konzentration) wahrscheinlich in jedem Körpergewebe vor, und das in jedem Alter (also auch bei Erwachsenen). Noch sind sie nur wenig erforscht, doch Ihr Potential zum Einsatz in der Medizin ist vielversprechend.
Vorkommen, Isolierung und Eigenschaften adulter Stammzellen
Die Stammzellenforschung ist noch weit davon entfernt, alle Prozesse und Wirkungsmechanismen rings um die adulten Stammzellen zu verstehen. Kontinuierlich gelangt man auf diesem Gebiet jedoch zu immer weiteren Erkenntnissen, die neue Möglichkeiten zu ihrem Einsatz aufzeichnen. Stammzellen wurden bereits in vielen Gewebstypen nachgewiesen, so z.B. im Knochenmark, wo ihre Konzentration vergleichsweise gering ist. Um sie von hier zu isolieren, muss zuerst durch Knochenmarkpunktion Gewebe entnommen werden. Eine therapeutisch wirksame Menge kann man erst erhalten, wenn die wenigen, ausgesonderten Stammzellen anschliessend in Zellkulturen vermehrt werden – ein Verfahren, das auch Risiken verschiedener Arten birgt. Im Fettgewebe sind Stammzellen hingegen in weitaus höherer Konzentration anzutreffen. Ausserdem ist Fettgewebe relativ unproblematisch zu entnehmen, ja es entsteht bei einer Fettabsaugung sogar quasi als Abfallprodukt in ansehnlicher Menge. Stammzellen aus Fettgewebe sind wesentlich leichter zu isolieren als die aus Knochenmark. Weil sie in grosser Zahl vorhanden sind, müssen sie auch nicht in Zellkulturen aufwendig herangezüchtet sondern nur isoliert und konzentriert werden. Sie stehen direkt im Anschluss nach Entnahme und nach Aufbereitung des Fettgewebes zum weiteren Einsatz zur Verfügung. Die Fähigkeit adulter Stammzellen, sich in Zellen anderen Typs umzuwandeln ist gegenüber den embryonalen eingeschränkt. Sie können sich nicht beliebig differenzieren. Gleichwohl sind adulte Stammzellen in der Lage, sich in multiple, vorgegebene Zellarten umzuwandeln. Entsprechend dieser Eigenschaften ergeben sich mögliche therapeutische Einsatzgebiete. Zu berücksichtigen ist in jedem Fall, dass dafür nur die körpereigenen und keine fremden Stammzellen genutzt werden können.
Einsatzgebiete von Stammzellen aus Fettgewebe
Aus entnommenem Fettgewebe können Stammzellen durch ein einfaches Verfahren (CAL, „Cell assisted lipotransfer“) konzentriert und somit isoliert werden. Die Aufbereitung kann in der Arztpraxis vorgenommen werden, und dauert nicht allzu lange. Es entsteht ein sogenannter Stammzellen-Cocktail (SVF, das „Stromal Vascular Fraction“). Das Präparat kann dann in Anschluss zu therapeutischen Zwecken genutzt werden. Vorteilhaft ist es, das SVF sofort zu injizieren und es nicht einzufrieren, weil dadurch die Chancen der Stammzellen, die Prozedur lebend zu überstehen, steigen. Am wirkungsvollsten lassen sich solche Stammzellen natürlich im Fettgewebe einsetzen. Hervorragend funktioniert das, wenn z.B. zum Aufbau von Gesichtspartien Eigenfettgewebe kombiniert mit dem SVF eingespritzt wird. Dadurch lässt sich die Wahrscheinlichkeit, dass das transplantierte Fettgewebe an der neuen Stelle „anwächst“ signifikant erhöhen. Die aus Fettgewebe entnommenen Stammzellen kommen aber auch zur Therapierung in anderen Bereichen in Frage, doch ist vieles auf diesem Gebiet noch im Stadium der Erforschung. Bewährt haben sie sich beispielsweise bei der Heilung von Knochenbrüchen, bei Osteoporose oder zur Behandlung von Wundheilungsstörungen. Weitere Möglichkeiten, solche Stammzellen einzusetzen, können sich eröffnen, sobald Ergebnisse aktueller Studien vorliegen.
Wirkungsweise zur Regeneration und zum Gewebeaufbau
Die Mechanismen der Zytokinese von Stammzellen sind allenfalls in Teilen wissenschaftlich erklärt. Doch die konkreten Ergebnisse auf einigen Gebieten, in denen Stammzellen eingesetzt werden konnten, sind vielversprechend. Soweit man weiss, reagieren sie bei der Zellteilung auf äussere Reize. Dabei entstehen entweder erneut Stammzellen, oder es können sich Zellen des Körpergewebes bilden, in dessen Umfeld sich die Stammzellen befinden. Beispielsweise können Stammzellen, die aus Fettgewebe resultieren, sich bei einer Verpflanzung ins Knochengewebe entweder in weitere Stammzellen oder in Knochengewebszellen teilen. So kann ein Prozess in Gang gesetzt werden, der zu einer schrittweisen Regeneration und Erneuerung des Gastgewebes führt. Voraussetzung ist natürlich, dass die verpflanzten Stammzellen vom Blutkreislauf versorgt werden, d.h. dass sie nicht absterben, sondern im neuen Gewebe Fuss fassen (und sich teilen können). Das ist der schwierigste Teil der Stammzellentherapie. Einmal „angewachsen“, können sie an der neuen Stelle zum Gewebeaufbau beitragen. Das kann auch Hautgewebe sein, z.B. bei Anwendung nach Verlust von Haut infolge von Verletzungen. Ebenso können sie gealterte Haut regenerieren und dazu beitragen, dass sich die Dermis regeneriert und dadurch an Volumen und Elastizität gewinnt. Die Ergebnisse beim Einsatz von Stammzellen sind allerdings etwas unsicher, weil das „Anwachsen“ von vielen Faktoren abhängt, und ihre Wirkung setzt auch nicht schlagartig ein, weil diese vom Zellwachstum abhängig ist. Die Resultate einer Regeneration durch Stammzellen sind hingegen nachhaltig und dauerhaft – ein nicht zu unterschätzendes Qualitätsmerkmal.